Über ein antimilitaristisches Treffen in Prag im Mai 2024, die Action Week

„Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich heraus fand, dass es welche gibt, die nicht hingehen müssen.“ Erich Maria Remarque

Seit dem Beginn des Einmarsches/Überfalls der Russischen Streitkräfte in der Ukraine haben sich viele Gruppen, Parteien, Organisationen, Initiativen, Individuen, ob formell oder informell – obwohl der Konflikt dort nicht seit 2022, sondern seit 2014 läuft – der radikalen Linken des Kapitals ganz gemäß ihrer Haltung/Theorie/Ideologie, sich einer der Kriegsparteien zugeordnet und diesen Krieg gerechtfertigt. Das heißt die Interessen einer Fraktion des Kapitals ideologisch zu rechtfertigen und zu verteidigen.

Sei es die sogenannte „pro-russiche“ Position, die zu wenig kritisiert wird, die sich stellvertretend als die anti-imperialistische Position definiert, die weltweit sehr verbreitet ist und durch die Umkreisung von NATO-Mitgliedsländer den Einmarsch der Armee der Russischen Föderation eine Legitimation in die Ukraine gibt. Dieser Ansicht nach handelt es sich um einen Krieg gegen den Imperialismus der NATO, also der USA und deren Marionetten. In diesem Narrativ spielt nur der Imperialismus eine Rolle, die Zwänge des Kapitalismus, die diesem vorausgehen, spielen gar keine Rolle. Böser Westen.

Oder die sogenannte „pro-ukrainische“ Position, die auch zu wenig kritisiert wird, die sich stellvertretend auch als eine anti-imperialistische Position definiert, nur mit dem Zusatz sogenannter nationaler Befreiung, als die endgültige Befreiung vom imperialistischen russischen Joch, die sich gegen die schon als deterministisch imperialistischen Zwänge Russlands wehren muss. Als handele es sich um einen Krieg gegen den Imperialismus Russlands, das versucht eine neues Imperium mittels Waffengewalt zu erreichen. In diesem Narrativ spielen weder Kapitalismus noch die imperialistischen Zwänge, die mit diesem einhergehen auch gar keine Rolle. Böse Russen.

Und zuletzt die sogenannte „pazifistische“ Position, die sich nach nichts anderem sehnt als dem friedlichen Krieg des Kapitalismus, in dem tausende von Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, abertausende von Flüchtlingen, angetrieben von Elend, Hunger, Umweltkatastrophen – alle vom Kapitalismus verursacht – die Sahara überqueren und dort von Schleusern am Wegrand dahingeworfen werden, tausende weltweit verhungern, ausgebeutet werden, usw. jene Position die das Ende bewaffneter und militärischer Konflikte und Kriege will, aber nichts gegen ihre Ursache unternehmen will. Jene Position die denkt, dass der Kapitalismus seine Massaker auf alle Spezies dieses Planeten auch ohne Waffengewalt durchziehen kann. Denn Frieden ist nur ein Waffenstillstand in einem endlosen Krieg. Dies lehrt uns die Geschichte, dies lehrt uns die Herrschaft des Kapitalismus.

Nun, seit dem Anbeginn dieses weiteren Krieges, einer von vielen die gerade tausende von Arbeiterinnen und Arbeiter in den Schützengräben Stacheldraht und Kugeln für die Interessen ihrer nationalen Bourgeoisie fressen lassen, haben nicht sehr viele Gruppen/Initiativen/Organisationen, ob formell oder informell, sich dafür stark gemacht, dass alle Kriege nur die Kriege des Kapitalismus sind, dass darin nur die Interessen einer herrschende Klasse gegen eine andere ganz im Sinne von Von Clausewitz zum Ausdruck kommen, dass Kriege ein fundamentaler Ausdruck des Kapitalismus sind, um ökonomische Krisen zu lösen, sei es durch zu große Akkumulation von Waren, dem Verlust von Wert der Waren, neue Erschließung-Kontrolle-Verteidigung durch Monopol von neuen Märkten, etc. geschützt werden. Das darin der jetzige Staat und sein ideologisierte Verkörperung die Nation eine fundamentale Rolle spielt, um Arbeiterinnen und Arbeiter mittels falscher Antagonismen und Dichotomien (Vaterland, Nation, Rasse, Glaube, Volk, Patriarchat, etc…) dazu zu bringen sich für die Interessen jener, die sie im eigenen Land ausbeuten, im Knast einsperren, aus der Wohnung werfen, usw., sich gegenseitig mit jenen umzubringen, mit denen sie eigentlich dieselbe kapitalistische Realität erleiden müssen. Die Klassengesellschaft teilt uns nicht nur in Klassen auf, sondern die herrschende Klasse teilt uns Arbeiterinnen und Arbeiter mittels Rassismus, Grenzen, Nationen, Kulturen, Patriarchat etc. nochmals auf, um nur ihren Interessen zu dienen. Darin spielt die Demokratie eine enorme Rolle, denn sie vereint nämlich die Gesellschaft die in Klassen aufgeteilt ist, indem sie die Antagonismen verschwinden lässt. Auch sie erschafft eine falsche menschliche Gemeinschaft um den Staat, die Nation und das Volk, wir sind am Ende nämlich alle freie Staatsbürgerinnen und -bürger. Wir haben das Recht, zu wählen, uns frei entscheiden zu können, wo wir ausgebeutet werden, usw. Aber wir haben ganz nach Hegel, auch die Pflicht für unser Land zu morden, wenn dieser uns zu den Fahnen unserer Nation aufruft.

Nun um über diese Fragen, so wie viele andere, die nicht erwähnt worden sind, um darüber wie eine revolutionäre Bewegung sich diesen Fragen stellen könnte, wie gegen den kapitalistischen Krieg und Frieden, wie gegen die falsche Kritikerinnen und Kritiker dieser gekämpft werden kann, um darüber diskutieren zu können, wurde dazu aufgerufen sich Ende Mai 2024 in Prag bei der sogenannten Action Week zu treffen.

Wir von der Anarchistischen Buchmesse Berlin und von der Soligruppe für Gefangene haben auch soweit wie möglich versucht an der Verbreitung dieses Treffens mitzuhelfen, indem wir viele der Ankündigungen und Texte übersetzt haben, indem wir mit Menschen über die Notwendigkeit eines solchen Treffens gesprochen haben, weil wir das Anliegen dieses Treffens für sehr wichtig halten, weil es auch ein wichtiges Anliegen dieses Treffens sein sollte, dass sich Revolutionäre aus der ganzen Welt treffen sollten, mit einem wichtigen Fokus gerade auch auf Ost-Europa und wir die Intentionen und die Punkte, die dieses Treffen vorschlug, nach wie vor für richtig halten. Also hatte das Treffen nicht nur einen internationalistischen Charakter, sondern verteidigte den Internationalismus ganz klar, was heutzutage wieder von enormer Wichtigkeit ist.

Gerade weil der Internationalismus in der Regel als eine Akkumulation verschiedener nationaler Befreiungsbewegungen (nationalistisch und reaktionär) oder als eine Akkumulation verschiedener Nationen und Nationalismen verstanden wird, wie es der Fall in der Komintern war, und dies nicht seiner revolutionären Intention entspricht, ganz nach dem Motto, das Proletariat hat kein Vaterland, sondern auf einmal – wieder – unendlich viele, wo am Ende nur die Interessen aufstrebender herrschender Klasse verteidigt werden.

Es war durchaus sehr ambitioniert, gerade auch weil verschiedene anarchistische und (links)kommunistische Gruppen/Initiativen/Organisationen und Individuen, sowie unterschiedliche Tendenzen innerhalb dieser, für das Treffen eingeladen wurden – den genaueren Grund dafür kennen nur die Organisierenden – wo der gemeinsame Nenner manchmal nur die allgemeine, aber dennoch richtige, Ablehnung und Kritik an den Krieg und den Frieden des Kapitalismus war. Also ein durchaus ambitioniertes Vorhaben, vielleicht zu sehr sogar.

Eine ganz Woche mit Aktionen, Kundgebungen, Demonstrationen und Diskussionen sollten stattfinden.

Wie wir schon erwähnten, gibt es reformistische und konterrevolutionäre Gruppen und Individuen, die, nicht anders wie der Wolf sich im Schafspelz tarnt, sich als Revolutionäre geben, als unversöhnliche Feinde des Kapitalismus und des Staates, aber in Realität sind sie nichts anderes als ihre Bluthunde. Es gibt, wie gesagt, marxistisch-leninistische Gruppen/Parteien/etc. – also die Linke des Kapitals – die die Invasion von der Russischen Föderation verteidigen, bzw. legitimieren, aber es gibt auch jene falschen Anarchistinnen und Anarchisten – in diesem Fall auch die Linke des Kapitals – die dasselbe auf der Seite der NATO und der Ukraine tun. Letztere hassen und verachten alle, die sie aufgrund ihres falschen Anarchismus und deren Inkohärenz öffentlich kritisieren und angreifen. Was logisch ist, sie wollen ja die Absolution für das, was sie im Namen des Anarchismus zu verteidigen versuchen.

Nun sind letztere Stimmen in Ost- und Zentraleuropa verbreiteter, laut, anders wie an anderen Orten auf der Welt, wo die verbreitete Haltung es ist bedingungslos hinter Russland zu stehen. Typischer Manichäismus des Anti-Imperialismus, wo alles, was gegen die USA und die NATO ist, gut ist, egal wie reaktionär und konterrevolutionär es sein mag. Alles Positionen, die wir für falsch und konterrevolutionär halten, in diesem wie in jedem kapitalistischen Krieg und kapitalistischen Frieden.

Im Treffen, das in Prag Ende Mai hätte stattfinden sollen, zumindest so wie es angekündigt war, spitzte sich aber genau dieser Konflikt zu, zwischen jene die für die Zerstörung aller Nationen-Staaten, dem Kapitalismus, dem Patriarchat, usw., sind und jenen, die diese verteidigen. Wir sagen zuspitzen, weil es seit dem Beginn dieses Krieges, der schon tausenden von Arbeiterinnen und Arbeitern aus der Ukraine, aus Russland, Flüchtlingen aus aller Welt, die sich als Söldner mit dem Versprechen einer besseren Staatsbürgerschaft verpflichten haben lassen, Gefangenen, die aus dem Knast raus geholt wurden, denen die Freilassung versprochen wurde, sollten sie diese Massaker überleben, das Leben gekostet hat, eine international geführte Auseinandersetzung darüber gibt, wo eben zwei sich antagonistische Positionen gegenüber stehen.

Wir gehen an dieser Stelle nicht darauf ein, wie diese NATO-Anarchistinnen und Anarchisten, was, gelinde gesagt, ein Euphemismus ist, alle revolutionäre Anarchistinnen und Anarchisten denunzieren und diffamieren, dazu später mehr, aber es ist wichtig nochmals zu betonen, wie energisch sie versuchen diese Debatte moralisch aufzuladen, genauso wie mit Lügen, denn von Inhalten kann hier nicht die Rede sein, aber in Prag erreichte dieser Konflikt einen weiteren Zenit.

Ob durch Zufall oder nicht, am selben Wochenende sollte in Prag eine Anarchistische Buchmesse stattfinden, die schon von Anfang an klar gemacht hat, dass die Action Week und sie nichts miteinander zu tun hatten und haben würden¹. Ob mitorganisierend von dieser oder nicht, aber die Anarchistische Föderation (AF) von Tschechien hatte schon klar an mehreren Stellen² ihre kriegstreibende Haltung deutlich gemacht und alle Initiativen und Gruppen, die sie im Territorium der Tschechischen Republik verortete, ob dies stimmte war regelrecht belanglos, wie die Antimilitaristische Initiative (AMI) und die Gruppe Tridni Valka (Klassenkrieg), um ein paar Beispiele zu nennen, als Gespenstergruppen zu bezeichnen, als Gruppen und Initiativen die niemand kennen würde und die nicht ein Teil der anarchistischen Bewegung seien. Was für eine absurde, infantile und lächerliche Anschuldigung, wir kennen auch die AF nicht, ergo existiert sie nicht?

Dies gilt nur als ein weiteres Beispiel dafür, dass sich eben jene, die sich als Anarchistinnen und Anarchisten bezeichnen, aber nur die Wachhunde des Kapitals und des Staates sind, die vorgeben mit allen diskutieren zu wollen, alles und jeden angreifen und diffamieren müssen, der ihnen durch eine Kritik an der kriegstreibenden Haltung einen Spiegel vor die Nase halten, was AMI und Tridni Valka unter einigen auch immer wieder getan haben.3

Eine weitere Anschuldigung der AF war auch, dass die Action Week in Realität sich nur als eine enorme Blase und Verarsche herausstellen würde, dass die Übersetzung der Aufrufe in zwölf Sprachen4 nur eine Finte wäre, etc., all dies verbreiteten diese kriegstreibenden Gruppen. Sie wollten jeden davon abhalten auf dieses Treffen zu gehen.

Wenn der Anti-Militarismus, die weltweite Perspektive und Notwendigkeit der sozialen Revolution von einer Minderheit verteidigt wird, sollten sich doch alle Anarchistinnen und Anarchisten auf der Welt fragen, ob diese Frage entlang der Messeinheit von Minderheiten und Mehrheiten relevant ist oder nur eine Frage zwischen den Feinden und den Verteidigern aller Staaten-Nationen und des Kapitalismus.

Wie gesagt, wir haben auch hier in Berlin seit dem Beginn des Krieges mehrere solche Gerüchte über andere Gruppen gehört, die für diese Kriegstreiber unbequem sind, vor allem in Ost-Europa, die entweder als dogmatische Spinner oder als insignifikant bezeichnet werden. Ein Beispiel wären die Gruppe aus Charkow Assembly oder die anarchosyndikalistische Organisation aus Russland KRAS-AIT. Es hat schon Vorfälle gegeben, wo Namen der Mitglieder unbequemer Gruppen veröffentlicht wurden, was selbstverständlich der Repression direkt in die Hände spielt.

Für uns sind dies nichts weiteres als Bullenmethoden, jede „Anarchistische Gruppe“ die sich solcher Methoden bedient, hört sofort auf solch eine zu sein, wenn sie diesen Weg beschreitet, egal aus welchem Grund. Nur Helfershelfer des Staates.

Schon vor dem Treffen bahnten sich Konflikte an und die Organisierenden machten darauf aufmerksam, dass ein solidarisches Event aufgrund uns nicht bekannter Gründe abgesagt werden musste. Wir sagen ehrlich unbekannten Gründen, weil wir vielen der Gerüchten keine Aufmerksamkeit schenken wollen.

Das Treffen in Prag, der Beginn von einer Katastrophe

Wir konnten selbst erst am Freitag hinfahren, aber uns wurde schon am Donnerstag von Menschen, die vor Ort waren, gesagt, dass das Treffen, eine absolute Katastrophe war. Auf einer Kundgebungen und einer Demonstration, die als Teil der Action Week hätten stattfinden sollen, war kein Mensch der Organisierenden vor Ort, es gab Probleme mit den Unterkünften, es kamen viele Menschen von außerhalb und dass die Schule für das Treffen (offizieller Konferenzort), die schon im Februar 2024 für die Tage im Mai gemietet wurde, gekündigt wurde.

Es bahnte sich auf jeden Fall ein enormes Problem an, weil aufgrund des schlechten Wetters, es regnete und es war Starkregen angesagt, konnten die Diskussionen schlecht im Offenen geführt werden und es gab immer noch das Problem der Unterbringung. Nun wir fuhren selbst zu der Schule, wo das Treffen hätte stattfinden sollen und trafen niemanden an. Wir konnten erfahren, dass ein alternativer Ort aufgesucht werden konnte und dort das Treffen stattfinden könnte und dass man schauen würde, was alle anwesenden Individuen/Gruppen/etc. machen könnten.

Ein Treffen voller Generäle ohne Armeen

Rückblickend hatte der Freitag und die Hälfte des Samstags einen skurrilen Hauch des Filmes von Monty Python Das Leben des Brians, wir selbst waren anfangs genervt, haben uns aber sehr schnell amüsiert, die Situation selbst hat es forciert und wir lachen auch gerne.

Also kamen wir an diesem alternativen Treffpunkt an – an dieser Stelle muss gesagt werden, dass evtl. einigen der Teilnehmenden unsere Schilderung missfallen wird, sie ja sogar als absurd und/oder unnötig empfinden, dies ist uns aber egal, wir geben nichts wichtiges preis, sondern wollen mit dieser Schilderung unsere Kritik verständlicher und ausführlicher formulieren können – und trafen eine auffallende Traube an Leute die im Kreis saßen. Die Begrüßung uns entgegen wirkte eher wie ein Verhör wie von der Tscheka, wer wir denn seien und woher wir kommen würden. Die Stimmung war verständlich mies. Eine berechtigte Frage, wenn sie auch erwidert wird, aber es war offensichtlich und klar dass die Gemüter aufgeheizt waren. Uns ging es auch nicht besser, auch wir waren von der chaotischen Situation genervt.

Nach den Formalitäten näherte sich ein Mensch und erklärte uns die Lage. Niemand hatte anscheinend die Organisierenden gesehen, niemand wusste wer die Aktionswoche organisierte und alles schien sehr improvisiert. Aus der Not eine Tugend machend wollte man trotzdem ein Treffen halten und diskutieren. Wir fragten uns, ob die Organisierenden überhaupt von diesem Ort in Kenntnis gesetzt wurden und wie weitere Teilnehmende den Ort finden sollten?

Für uns war die Situation nicht nur absurd, sondern wir erhielten immer wieder sehr widersprüchliche Informationen und konnten wenig oder genau, weder überprüfen noch bestätigen, was uns gesagt wurde. Für uns war es in diesem Moment viel wichtiger herauszufinden, wie und warum die Lage so war, wie sie war, anstatt absurde internationalistische Bekundungen herauszusprechen, was der Fall war, was wir so oder so auf einem Treffen für absurd halten.

So ging das Treffen weiter, wo alle Anwesenden mit einer exakten, auf die Sekunde genauen Zeitangabe, es waren fünf Minuten, ihre Analysen für die Gründe des Krieges darstellten und wie überhaupt gegen Kriege vorgegangen werden sollte. Da wir spät angekommen waren, konnten wir nicht an der Entscheidung teilnehmen, wie, auf welche Art, das Treffen von statten gehen würde. Da waren wir also zwischen Fehlinformationen und Bekundungen gegen den Krieg etwas hin und her gerissen.

Die meisten der Aussagen waren für uns nicht nur surreal, sondern sie füllten mehr eine chaotische Situation mit leeren Kampfparolen und leeren Analysen, als dass wir genaueres miteinander ausdiskutierten.

Über die Stunden tauchten immer mehr Gruppen und Personen auf, die dieselbe chaotische Situation antrafen, bis gesagt wurde, dass die Organisierenden des Treffens bald auftauchen würden. Hassparolen gegen Tridni Valka wurden von Einzelnen ausgesprochen, Schläge gedroht, wobei es immer noch nicht klar war, ob diese Gruppen überhaupt diesen Treffen direkt vor Ort organisiert hatten.

Jetzt machte auch die Runde, dass das ganze Treffen von der Anarchistischen Buchmesse, von der Anarchistischen Föderation und weiteren NATO-Anarchistinnen und Anarchisten sabotiert und boykottiert wurde. Dort fanden auch Veranstaltungen für den Krieg von unter anderem ABC Belarus, Solidarity Collectives… statt

Dass sie Druck auf die Direktion der Schule gemacht hätten, damit das Treffen nicht stattfinden könnte. Dass das Treffen als Pro-Russisch und gewalttätig dargestellt wurde. Letzteres in Zusammenhang eines Textes, der auf der Seite des Kongresses veröffentlicht wurde, wo schon auf die Angriffe solcher Gruppen und Individuen hingewiesen wurde und dass sie die Action Week gegen solche Angriffe und Provokationen verteidigen würden.

Nun schlugen die Menschen die angekommen waren – zwischen Anschuldigungen und Anfeindungen – vor, dass für den Samstag ein Raum organisiert wurde, der zwar nicht für das ursprüngliche Treffen ausreichen würde, aber die Diskussionen könnten stattfinden. „Lügner“, „verpisst euch“, „ihr habt hier nichts mehr zu melden, das Volk hat gesprochen“ (the people have spoken) und ähnliches wurde ausgerufen. Eine Situation, die abwechselnd amüsant und pathetisch war, zumindest was das Verhalten von Anwesenden anbelangt.

Wir haben es im diesen Moment noch nicht so genau wahrgenommen, aber es war schon klar, dass in der schon chaotischen Situation Gruppen das Treffen zusätzlich zu den Angriffen von NATO-Anarchistinnen und Anarchisten von innen zu sprengen versuchten, wo andere Konflikte zwischen Gruppen in dem Moment ausgetragen wurden. Ganz voran links-kommunistischen Gruppen.

Obwohl versucht wurde das Treffen soweit wie möglich zu retten, eskalierte die Situation auf einer theatralischen Art, die man nur mit Popcorn begleiten konnte. Neben uns stand eine Frau, die sogar sagte, dass die Leute die gerade angekommen waren, wie Bullen ausschauen würden. Wir wiesen sie schnell zurecht und sagten, dass man solche Anschuldigung nicht aus dem Nichts machen sollte.

Es war klar, dass das Treffen, so wie es hätte stattfinden sollen, gescheitert war, es war nur noch eine Frage von wie kann die restliche Zeit (Samstag und Sonntag) gerettet werden. Aus unserer Sicht haben sich nur ganz wenige Personen darum gekümmert und aus einer sehr prekären Situation das unmögliche gemacht, um die Action Week stattfinden zu lassen.

Die ganze Zeit wurde immer wieder von einigen wiederholt, dass der Ort für den Samstag auch erfunden sei, es wäre wahrscheinlich eine Höhle im Wald („wie eine Art Mordor“), dass nichts geplant wäre, dass der morgige Tag eine Wiederholung des Freitags wäre. Ein Teil der Anwesenden – also die nervigen links-kommunistischen Gruppen – fing in ihrer Manier die Massen lenken zu wollen an, ein alternatives Treffen für den Samstag vorzuschlagen. Uns ging das imaginäre Popcorn langsam aus und wir erhofften eine Schlägerei, was das Ganze noch amüsanter gemacht hätte, diese blieb jedoch aus.

Wir hofften auf jeden Fall auf einen kommenden besseren Tag.

Der Samstag, die noch absurdere Fortsetzung vom Freitag

Schnell stellte sich heraus, dass der Samstag die Fortsetzung vom Freitag war. Wir sind zum Treffpunkt gegangen, wo wir dachten, dass das Treffen hätte stattfinden sollen, das am vorherigen Tag vorgeschlagen wurde. Aber wir waren im „alternativen“ Treffen gelandet,mea maxima culpa,außer der Spaziergang durch Prag, war alles für die Katz. Nach weiteren Bekundungen, nach weiteren historischen Parolen, nach weiteren Hasstiraden gegen die Organisierenden, machte sich die Traube in Richtung eines Ortes auf, im Freien, wo wir miteinander diskutieren sollten.

Wir wollten die ganze Zeit nur wissen, wo das andere Treffen war, wir wollten nur so schnell wie möglich weg. Die links-kommunistischen Gruppen hatten ihr Ziel erreicht, das ständige hin und her, die Fehlinformationen, die Gerüchte, alles hatte dazu geführt, dass die Leute nicht mehr wussten, was sie in einer Stadt machen sollten, die sie (nicht) kannten. Ab dem Moment war die Action Week definitiv gesprengt worden und zwar von außen und von innen.

Das ad absurdum erreichte dann seinen Zenit, als darüber diskutiert werden sollte, ob der jämmerliche Rest der Leute, die übrig geblieben waren, sich einig waren oder nicht, ob dies eine Art Zimmerwald Konferenz 1915 sei oder nicht. Wir warteten nur auf die Adresse für den Ort, wo die Räumlichkeiten für die Action Week sein sollten, als wir diese erhielten verpissten wir uns so schnell wie möglich. Die Lage war nicht nur so entmutigend und verwirrend, einige der Anwesenden hatten auf einmal sogar vor auf die Anarchistische Buchmesse zu gehen, die auch für diese Situation verantwortlich war. Von unserer Seite aus wiesen wir Leute darauf hin, aber da sie vom Konflikt keine Ahnung zu haben schienen und uns keinen Glauben schenkten wollten, gingen sie trotzdem hin. Es war surreal.

Freitag für’n Arsch, halber Samstag auch, aber ab dem Moment hatten wir am Ende doch die Möglichkeit das zu machen. wofür wir nach Prag gefahren sind. Die Diskussionen waren sehr interessant und wir konnten Menschen aus verschiedenen Ländern kennenlernen, mit denen wir interessante und fruchtbare Gespräche und Diskussionen führten.

Die Sabotage und Angriffe von außen

Ein Beispiel für die von uns erwähnte Konfrontation, hier aus dem Flyer, der auf der Anarchistischen Buchmesse in Prag ausgelegt wurde:

„Anti-War“ Congress, Prague 24-26 May

Anti-militarism can be different

We feel the urge to talk about the ideological difference between us, anti-militarist and „anarcho-putinists“, who are trying to be part of the international anarchist movement, but refuse to support Ukraine. There is still not enough reflection about sabotage of „anarcho-putinists“ and its consequences. This group, which emerged since the full-scale invasion, starts to be visible only today and unfortunately, has some influence on Western anarchist movement.

Adherents of „anarcho-putinism“, despite their support of refusal to participate in the war, rarely claim to be pacifists. They usually only say that the real enemy of anarchists is the capitalist class, and that workers´ fight against each other is contrary to international solidarity. They usually refer to the experience of World War I, pointing out that anarchists will never support either side of imperialist war. They are inspired by such anarchist classics as Malatesta or Nettlau, and they claim that Russian war in Ukraine is an imperialist war, and therefore anarchists should remain neutral and not support either side.

But why does „anarcho-putinists“ attempt to apply the theoretical constructs of the anarchists classis to the current conflict doesn´t make sense? Most probably, because their interpratation of theory doesn´t correspond to reality. For example, Errico Malatesta writes in „Anarchists have forgotten their principles“:

„I am not a “pacifist.” I fight, as we all do, for the triumph of peace and of fraternity amongst all human beings; but I know that a desire not to fight can only be fulfilled when neither side wants to, and that so long as men will be found who want to violate the liberties of others, it is incumbent on these others to defend themselves if they do not wish to be eternally beaten; and I also know that to attack is often the best, or the only, effective means of defending oneself. Besides, I think that the oppressed are always in a state of legitimate self-defense, and have always the right to attack the oppressors. I admit, therefore, that there are wars that are necessary, holy wars: and these are wars of liberation, such as are generally “civil wars”—i.e., revolutions.“

The supporters of „anarcho-putinism“ agree with the above, saying that the oppressed must fight against their oppressors. But they reduce oppression to economic aspect. However, to think that liberation is achieved only through economic expropiation and does not include the struggle for cultural autonomy is a primitve perception of the anarcho-syndicalist approach to selg-liberation. Anti-militarist and anarcho-syndicalist Alexei Borovoy claimed that the preservation of cultural identity does not contradict anti-militarism;

„Militarism is a product of imperialism, a peculiar outcome of bourgeois-capitalist culture. And if militarism in inconceivable outside nation boundaries, it does not mean that any awareness by people of their uniqueness and self-affirmation of their individual existence, which is the main core of anarchism itself, is always associated with the burdnes and immorality of militarism“. In other words, like most anarchists, he shared the idea that the participation of proletariat in the war, not as proletariat, but as people with their own distinctive culture is incompatible with the idea of unification and expansion, i.e. a manifestation of imperialism. Some people can defend their identity witout infringing on the identity of others. Such war is, by definition, a liberating war.

And Malatesta, in his another essay, „The War and the Anarchists“, says:

„We abhor war, which is always fratricidal and damaging, and we want a liberating social revolution; we deplore strife between peoples and champion the fight against the ruling classes. But if, by some misfortune, a clash were to erupt between one people and another, we stand with the people that are defending their independence.“

In fact, many of the anarchist classical theorists see the national liberation struggle as deserving of anarchist support. Ukranian anarchist Denis Khromyi wrote an article about it: „Vadim Damier´s Myth of Classical Anarchist Internationalism“, which thoroughly proves that the war of liberation includes not only economic revolution, but also the defense of national identity and regional autonomy, and that the main oppressor of Ukranian people at this point is not the national bourgeoisie, but the imperialist Russia, claiming for „historical lands“.

It is widely known that anarchists support cultural diversity and economic autonomy of individuals. Therefore, when we, anti-miliarists, say that we support Ukranian in a war for their independence and freedom, we don´t want to exterminate Russian peope. We want to preserve the cultural and political independence of Ukranian people, who are suffering from Russian military aggresion. And who are facing the threat of assimilation and extermination by Russian State. We collectiverly express solidarity with Ukranians not only as representatives of the oppressed economic class, but also as individuals and as representatives of regional communities with diverse linguistic and cultural traditions.

Russian aggresion can´t be stopped by frozing the frontline, as people on occupied territories will continue to face repressions based on ethnic identity. Ukranian man on occupied territories will be first to be conscripted on the next russian attempt to attack Ukraine and will be forced to fight their own people, as it happened in Donetsk and Lugansk.

When „anarcho-putinists“ attack our anti-militarism, they promote the agenda of neutrality, or more precisly, indifference to war, they call the activists, who can assist and solidaize with the oppressed people of Ukraine, for indifference and neutrality.

As anti-militarists, we will never be neutral nor indifferent. We will continue to support Ukranian people in their fight for independence and freedom, and encourage Russian people to fight against their repressive imperialist state!“

Hier das Flugblatt scan_20240527130551-1 scan_20240527131006-1

Hier die Übersetzung:

„Antikriegs“-Kongress, Prag 24-26 Mai

Antimilitarismus kann anders sein

Wir haben das Bedürfnis, über den ideologischen Unterschied zwischen uns, den Antimilitarist*innen, und den „Anarcho- Putinist*innen“ zu sprechen, die versuchen, Teil der internationalen anarchistischen Bewegung zu sein, sich aber weigern, die Ukraine zu unterstützen. Es gibt immer noch nicht genug Reflexion über die Sabotage der „Anarcho-Putinist*innen“ und ihre Folgen. Diese Gruppe, die seit der Invasion entstanden ist, wird erst heute sichtbar und hat leider einen gewissen Einfluss auf die westliche anarchistische Bewegung.

Die Anhänger des „Anarcho-Putinismus“ behaupten selten, Pazifist*innen zu sein, obwohl sie die Verweigerung der Teilnahme am Krieg unterstützen. Sie sagen meist nur, dass der wahre Feind der Anarchist*innen die Kapitalistenklasse ist und dass der Kampf der Arbeiter*innen gegeneinander der internationalen Solidarität widerspricht. Sie verweisen meist auf die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und betonen, dass Anarchist*innen niemals eine der beiden Seiten eines imperialistischen Krieges unterstützen werden. Sie lassen sich von anarchistischen Klassikern wie Malatesta oder Nettlau inspirieren und behaupten, dass der russische Krieg in der Ukraine ein imperialistischer Krieg ist und Anarchist*innen deshalb neutral bleiben und keine der beiden Seiten unterstützen sollten.

Aber warum versuchen „Anarcho-Putinist*innen“, die theoretischen Konstrukte der anarchistischen Klassiker*innen auf den aktuellen Konflikt anzuwenden, was keinen Sinn ergibt? Wahrscheinlich, weil ihre Interpretation der Theorie nicht mit der Realität übereinstimmt. Zum Beispiel schreibt Errico Malatesta in „Anarchistinnen und Anarchisten haben ihre Prinzipien vergessen“:

„Ich bin kein »Pazifist«. Ich kämpfe, wie wir alle, für den Triumph von Frieden und Brüderlichkeit unter allen Menschen; doch ich weiß, dass der Wunsch, nicht zu kämpfen, nur dann erfüllt werden kann, wenn keine Seite dies tun möchte, und dass, solange es Menschen gibt, die die Freiheiten anderer verletzen, diese anderen sich verteidigen müssen, wenn sie nicht ewig geschlagen werden wollen; und ebenso weiß ich, dass Angriff häufig die beste, oder einzige, Verteidigung ist. Außerdem denke ich, dass die Unterdrückten immer in einer Situation legitimer Selbstverteidigung sind und immer das Recht haben, die Unterdrücker anzugreifen. Ich räume deshalb ein, dass es notwendige, heilige Kriege gibt: Kriege der Befreiung, die in der Regel »Bürgerkriege«, d.h. Revolutionen sind.“

Die Anhänger des „Anarcho-Putinismus“ stimmen dem zu und sagen, dass die Unterdrückten gegen ihre Unterdrücker kämpfen müssen. Aber sie reduzieren die Unterdrückung auf den ökonomischen Aspekt. Die Vorstellung, dass Befreiung nur durch ökonomische Ausbeutung erreicht wird und den Kampf für kulturelle Autonomie nicht einschließt, ist jedoch eine frühzeitliche Auffassung des anarchosyndikalistischen Ansatzes zur Selbstbefreiung. Der Antimilitarist und Anarchosyndikalist Alexei Borovoy behauptet, dass die Erhaltung der kulturellen Identität nicht im Widerspruch zum Antimilitarismus steht;

„(Der) Militarismus ist ein Produkt des Imperialismus, ein spezielles Ergebnis der bourgeois-kapitalistischen Kultur. Und wenn der Militarismus außerhalb der nationalen Grenzen undenkbar ist, bedeutet das nicht, dass das Bewusstsein der Menschen für ihre Einzigartigkeit und die Selbstbestätigung ihrer individuellen Existenz, die den Kern des Anarchismus selbst ausmachen, immer mit den Belastungen und der Unmoral des Militarismus assoziiert werden“. Mit anderen Worten: Wie die meisten Anarchist*innen teilte er die Auffassung, dass die Teilnahme des Proletariats am Krieg nicht als Proletariat, sondern als Volk mit einer eigenen, unverwechselbaren Kultur unvereinbar ist mit der Idee der Vereinheitlichung und Expansion, d.h. einer Manifestation des Imperialismus. Manche Menschen können ihre Identität verteidigen, ohne die Identität der anderen zu verletzen. Ein solcher Krieg ist per Definition ein Befreiungskrieg.

Und Malatesta sagt in einem anderen Aufsatz, „Der Krieg und die Anarchistinnen und Anarchisten“

„Wir verabscheuen den Krieg, der immer brudermörderisch und schädlich ist, und wir wollen eine befreiende soziale Revolution; wir beklagen den Zwist zwischen den Völkern und setzen uns für den Kampf gegen die herrschenden Klassen ein. Aber wenn es durch ein Unglück zu einem Zusammenstoß zwischen zwei Völkern kommt, stehen wir an der Seite der Völker, die ihre Unabhängigkeit verteidigen.„

Tatsächlich sind viele der klassischen Anarchist*innen der Meinung, dass der nationale Befreiungskampf anarchistische Unterstützung verdient. Der ukrainische Anarchist Denis Khromyi schrieb einen Artikel darüber: „Vadim Damiers Mythos des klassischen anarchistischen Internationalismus“, der gründlich belegt, dass der Befreiungskrieg nicht nur die ökonomische Revolution, sondern auch die Verteidigung der nationalen Identität und der regionalen Autonomie umfasst und dass der Hauptunterdrücker des ukrainischen Volkes zu diesem Zeitpunkt nicht die nationale Bourgeoisie, sondern das imperialistische Russland ist, das Anspruch auf „historisches Land“ erhebt.

Es ist allgemein bekannt, dass Anarchist*innen die kulturelle Vielfalt und ökonomische Autonomie des Individuums unterstützen. Wenn wir Antimilitarist*innen sagen, dass wir die Ukrainer in ihrem Krieg für ihre Unabhängigkeit und Freiheit unterstützen, wollen wir deshalb nicht die russischen Menschen ausrotten. Wir wollen die kulturelle und politische Unabhängigkeit des ukrainischen Volkes bewahren, das unter der russischen militärischen Aggression leidet. Und die von der Assimilierung und Ausrottung durch den russischen Staat bedroht sind. Wir solidarisieren uns kollektiv mit den Ukrainer*innen nicht nur als Vertreter der unterdrückten ökonomischen Klasse, sondern auch als Individuen und als Vertreter regionaler Gemeinschaften mit unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Traditionen.

Die russische Aggression kann nicht gestoppt werden, indem man die Frontlinie einfriert, denn die Menschen in den besetzten Gebieten werden weiterhin Repressionen aufgrund ihrer ethnischen Identität ausgesetzt sein. Die ukrainischen Menschen in den besetzten Gebieten werden beim nächsten russischen Angriffsversuch auf die Ukraine als Erste eingezogen und gezwungen sein, gegen ihre eigenen Leute zu kämpfen, wie es in Donezk und Lugansk geschehen ist.

Wenn „Anarcho-Putinist*innen“ unseren Antimilitarismus angreifen, propagieren sie die Agenda der Neutralität, oder genauer gesagt, der Gleichgültigkeit gegenüber dem Krieg, und rufen die Aktivist*innen, die den unterdrückten Menschen in der Ukraine helfen und sich mit ihnen solidarisieren können, zur Gleichgültigkeit und Neutralität auf.

Als Antimilitarist*innen werden wir niemals neutral oder gleichgültig sein. Wir werden das ukrainische Volk weiterhin in seinem Kampf für Unabhängigkeit und Freiheit unterstützen und das russische Volk ermutigen, gegen seinen repressiven imperialistischen Staat zu kämpfen!“


(Das Flugblatt auf einem Büchertisch während der Buchmesse in Prague, unten mittig.)


Wir beschweren uns nicht über die Angriffe, Lügen und verdrehten Anschuldigungen all dieser falschen „Anarchisten und Anarchistinnen“, keineswegs, alle Menschen sollten sich ihrer dreckigen Methoden bewusst sein und diese Gruppen und Menschen lassen auch nichts aus, um ihre konterrevolutionären Ziele zu erreichen, nein, was wir eher bedauern ist, dass obwohl klar war, dass Angriffe stattfinden würden, von den Organisierenden keine ausreichenden Maßnahmen dagegen, also Absicherungen, unternommen wurden. Der Kongress stand auf wackeligen Füßen und wenig war notwendig, um ihn komplett zu sabotieren.

Eine Reflexion – unsere Kritik und wie geht es weiter

Trotz aller Angriffe von und innen und von außen kann klar gesagt werden, dass die Leute vor Ort komplett, verständlich, überfordert waren und man kann klar die Frage stellen, ob sie sich nicht nur übernommen, sondern auch die Lage aufgrund der permanenten Angriffe überschätzt haben. Wir loben ihren Elan trotz aller Widrigkeiten, komme was wolle, trotzdem versucht zu haben dieses Treffen stattfinden zu lassen, aber es war gerade aufgrund dieser permanenten Angriffe anscheinend eine Fehleinschätzung. Zu wenige Leute konnten erstens nicht nur alles nicht stemmen, sondern auch, wie wir gesehen haben, führten die Ereignisse zu einem eigentlichen nicht-stattfinden des Kongresses. Und trotzdem haben einige Gruppen alle Steine, die es zu drehen gab, gedreht damit das Treffen nicht nur am Samstag, sondern auch am Sonntag stattfinden konnte. Nicht nur der Aufwand war groß, sondern auch die Kosten waren dafür sehr groß. Das, was für eine Selbstverständlichkeit gehalten wird, aber wir wissen sehr genau, dass es nicht so ist, weil sehr wenige Gruppen und Individuen sich heutzutage so verhalten.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass aufgrund der Anwesenheit einiger nicht erwünschter Gruppen, unter anderem die IKT und die IKS, auch wenn alles mit den Räumlichkeiten geklappt hätte, das Treffen nicht besser gewesen wäre. Es wäre nur anders verlaufen. Wir hätten bis zum Umfallen auch über die Zimmerwald Konferenz diskutiert und ob wir nun die Erben sind oder nicht. Was uns angeht, sagen wir da klar nein.

Daher sind wir der Meinung, dass vom ersten Moment die Organisierenden ehrlicher hätten sein sollen, dass sie eben alleine nicht so viel auf die Beine stellen konnten und das, was sie auf die Beine stellten, stand auf wackeligen Füßen.

Trotz des bitteren Nachgeschmacks dieses Wochenendes sollte dies aber dazu führen, dass solche Anstrengungen um sich zu Treffen, um kollektiv Aktionen, Kämpfe und Kampagnen gegen den Frieden und den Krieg des Kapitalismus zu organisieren, um zu diskutieren, um eine Kampfgemeinschaft aufzubauen gemacht werden müssen. Denn der Versuch kollektiv und international eine Kampfgemeinschaft aufzubauen, die ein gemeinsames revolutionäres und anarchistisches Programm verteidigt und unterstützt, ist immer noch notwendig und wichtig. Das Programm der Anarchie ist klar, eine Gesellschaft frei von Klassen, Lohnarbeit, Nationen, Staaten, Grenzen, Wert, Armeen, Polizei, Knäste, Patriarchat, Rassismus, Geld, Schulen, Religionen, Kriegen, Zerstörung der Natur und anderer Spezies….

Wir freuen uns, dass wir trotz alledem da waren.

Unser allerliebster Investigativreporter Peter Nowak

Peter Nowak, der nicht nur nicht in Prag auf dem Kongress war, hatte zwei Artikel über das Treffen geschrieben, die gänzlich falsch sind. Wir verstehen nicht, wie man so was ruhigen Gewissens machen kann, er hat, ob gezielt oder nicht, falsche Informationen veröffentlicht und verbreitet, wie zum Beispiel:

„Da wären Kontakte und interessante Diskussionen sicher garantiert gewesen. Doch die Repression verhinderte das. Denn die Schulleitung kündigte die bereits im Februar 2024 angemieteten Räume für den Antikriegskongress wenige Stunden vor dem geplanten Auftakt. Nach einiger Verwirrung fanden sich dann neue Räume viele Kilometer entfernt. Manche Teilnehmer:innen wurden über den erzwungenen Ortswechsel des Kongresses zu spät informiert. Etwas erstaunlich war, dass diese massive Einschränkung des Antikriegskongresses und damit einer Veranstaltung der antiautoritären Linken auf den anarchistischen Buchtagen nicht thematisiert und verurteilt wurde. Selbst von einer Protestresolution war nichts zu hören, geschweige von anderen Aktionen.“ Gegen Staat, Kapital und Militär in Prag

Oder wie im Artikel Prager Zimmerwald Konferenz: Gedanken zur antimilitärischen Aktionswoche Gegen alle Querfronten, ob für den kapitalistischen Frieden oder den kapitalistischen Krieg es für ihn auch wichtiger ist über die Zimmerwald Konferenz zu reden.

Dazu nur ein paar Wörter für diejenigen, die es immer noch nicht verstanden haben, die Zimmerwald Konferenz 1915 war weder revolutionär noch sonst was, dort traf sich der jämmerliche Rest der II. Internationalen, der nicht den Kriegstrommeln der Ländern, die sie entweder regierten oder zu regieren anstrebten, gefolgt sind. Was die Mehrheit der Anwesenden der Konferenz damals aber wollte, war ein Friedensabkommen zwischen allen Kriegsparteien. Es wurde für den kapitalistischen Frieden plädiert. Wir wissen daher nicht, was an dieser Konferenz so aufregendes sein soll. Aber die Auseinandersetzung mit dieser wäre ein Text für sich.

Ach ja, es scheint niemandem aufgefallen zu sein, uns auch nicht, die Anarchistische Buchmesse Berlin-Kreuzberg wird exakt an denselben Tagen wie die Zimmerwald Konferenz stattfinden, nämlich vom 05. bis zum 08. September, nur halt 109 Jahre später und inhaltlich komplett antagonistisch.

Als letztes

Zuletzt, nur als Erinnerung, es ist nicht das erste Mal das „Anarchistinnen und Anarchisten“ zum Krieg aufrufen, denn schon im Ersten Weltkrieg riefen Kropotkin und weitere dazu auf gegen den Imperialismus des Deutschen Kaiserreichs zu kämpfen, obwohl sie nicht geleugnet haben, dass Frankreich, das Britische Empire oder das Russische Zarenreich imperialistische Mächte gewesen wären, wie es die „Anarcho-Militaristen“, die „NATO-Anarchisten“ usw., tun.

Daher hier ein paar Zeilen von einer Gruppe von anarchistischen Kommunistinnen und Kommunisten aus dem damaligen Russischen Zarenreich, die im Exil in der Schweiz sich dazu äußerten und die an ihrer Aussagekraft nichts verloren haben:

„Und nach all dem bezeichnen sich Kropotkin und die anderen Autoren des Manifests immer noch als Anarchisten und Antimilitaristen! Diejenigen, die das Volk zum Krieg auffordern, können weder Anarchisten noch Antimilitaristen sein.

Sie verteidigen eine Sache, die den Arbeitern fremd ist. Sie wollen die Arbeiter nicht im Namen ihrer Emanzipation an die Front schicken, sondern zum Ruhme des fortschrittlichen nationalen Kapitalismus und des Staates. Sie möchten den Geist der Anarchie zerstören und seine Überreste den Dienern des Militarismus überlassen.

Wir bleiben jedoch auf unserem Posten. Wir fordern die Arbeiter der Welt auf, ihre ärgsten Feinde anzugreifen, wer auch immer ihre Anführer sein mögen – der Kaiser von Deutschland oder der türkische Sultan, der russische Zar oder der französische Präsident. Wir wissen, dass Demokratie und Autokratie einander in nichts nachstehen, wenn es darum geht, den Willen und das Gewissen der Arbeiter zu korrumpieren. Wir machen keinen Unterschied zwischen akzeptablen und inakzeptablen Kriegen. Für uns gibt es nur eine Art von Krieg, den sozialen Krieg gegen den Kapitalismus und seine Verfechter. Und wir wiederholen unsere Slogans, die die Verfasser des schändlichen Manifests verleugnet haben: Nieder mit dem Krieg!

Nieder mit der Macht der Autorität und des Kapitals! Es lebe die Bruderschaft des freien Volkes!

Gruppe der kommunistischen Anarchisten von Genf“ (Otvet, in „Put’k Svobode“, Genf, Mai 1917, S. 10-11)


1„Misinformation has begun to appear on the internet that the bookfair will be starting on 20th of May and that it is part of some sort of Days of Action „Together Against Capitalist Wars and Capitalist Peace.“ It is not part of them and it will not be. We don’t know who wrote the text, who is organising the event, who is circulating it on the internet, we have not been contacted to participate in the event and to contribute to the text of the call. We have no confidence in this action.“

2Zwei Beispiele: https://www.afed.cz/text/7872/propadaji-anarchiste-valecne-horecce https://www.afed.cz/text/7947/anarchiste-podporuji-pravo-ukrajiny-na-sebeurceni

3(Tridni Valka und Antimilitaristische Initiative) Was gibt es Neues im „Anarchismus“? Nationale Selbstbestimmung und die Übereinstimmung von Interessen mit dem Kapital?! (AMI) Die Linke des Kapitals sabotiert die anarchistische Bewegung: Wehren wir uns!

4„Gemeinsam gegen kapitalistische Kriege und kapitalistischen Frieden“. ANTIKRIEGSKONGRESS / PRAG / 24. bis 26. Mai 2024 /