TOD DER AKADEMIE UND DEREN KOLLABORATEURE

Von Expandiendo la Revuelta, die Übersetzung ist von uns.

Wovon sprechen wir, wenn wir die Akademie nennen, und was wollen Anarchist*innen von ihr?
Um eine Kritik der Akademie zu beginnen, müssen wir uns in den Kontext einordnen, insbesondere in das vom argentinischen Staat beherrschte Territorium, wo das akademische Bollwerk als Symbol des Kampfes, der Gratifikation und der Linken mit der anarchistischen Geschichte verflochten ist, auf mehr oder weniger informelle Weise in der Vergangenheit und auf direkt rekuperative Weise in der Gegenwart.

Wenn wir von der Akademie sprechen, beziehen wir uns auf die repräsentativen Institutionen des Staates, die sich der intellektuellen Produktion, ihrer symbolischen Aufrechterhaltung und der Rechtfertigung ihrer Bedeutungen widmen. In diesem Fall sind die Universitäten, sowohl die privaten als auch die staatlichen, eine Stufe höher angesiedelt als der Schulunterricht, insofern dieser sich auf die Verhaltenskonditionierung konzentriert und der Vorbereitung der staatsbürgerlichen, normativen, evaluativen und doktrinären Erziehung gewidmet ist. Während die Akademie, mit den zuvor von der Kinder- und Jugendpädagogik geführten Wegen, Räume der „Freiheit“ für die Produktion auflöst, aber nicht mehr als das gemeine Staatsbürgertum, sondern als die intellektuelle Autorität, die die Räume verwalten wird, in denen diejenigen, die es nicht geschafft haben, ihre Posten zu erreichen, von ihnen geordnet, koordiniert und zurückgeführt werden.

Aber lasst uns speziell über die Logik des akademischen Tuns in der Produktion von Bedeutung sprechen, d.h. über die Art und Weise, wie Akademiker die Argumente des Staates/Kapitals formen. In diesem Sinne ist die Struktur einer solchen Institution zwar hierarchisch, indem sie die Mehrheit der Studierenden und spätere Autoritäten in untergeordnete Positionen bringt, aber gleichzeitig speisen sich die hierarchischen Positionen und das „Prestige“ der Institution selbst aus der Produktion, die sie hervorbringen kann, d.h. die intellektuelle Produktion (die offensichtlich von der Institution selektiert, reguliert und akzeptiert wird), die von ihren Vertretern ausgearbeitet wird, ist das, was das Funktionieren der Akademie selbst rechtfertigt. Eine Akademie, die keinen Sinn produziert, die kein Material bearbeitet, die nicht aufzählt, die nicht klassifiziert, die keine Demonstrationen ihrer Effizienz schafft, ist sinnlos, wie jedes Unternehmen des Kapitals.

Was wir paradox finden, ist die Vorstellung, dass einige selbsternannte Rebellen oder Antiautoritäre diesen Institutionen auf Schritt und Tritt vertrauen, sie gutheißen, verteidigen und rechtfertigen. Hier ist es auch notwendig klarzustellen, dass wir nicht gegen intellektuelle Vertiefung sind, gegen die notwendige Forschung, um unsere Geschichte, unsere Projektionen und Positionen zu kennen, wir stellen akademisches „Wissen“ nicht gegen eine klassische Negation des Faschismus, sondern wir bekräftigen, wie Wolfi Landstreicher seinen Beitrag betitelt, dass wir „Weder Intellektualismus noch Dummheit“1 wollen.

Aber angesichts solcher Kritik fehlt nie die opferhafte Rechtfertigung der Akademiker, die sich hauptsächlich auf das ökonomische Wohlergehen stützt, „man muss ja von irgendetwas leben“, das klassische Spiel, um die eigenen Privilegien und Aktionen in der Unterdrückung des Kapitals zu bekräftigen und auf diese Weise die Achse in der Konkurrenz der Unterdrückungen zu verschieben, aber das steht nie zur Diskussion, oder wovon leben diejenigen von uns, die ihre Produktion nicht direkt an den Staat verkaufen? Es wäre eine ebenso mittelmäßige Kritik zu behaupten, dass es mehr oder weniger „ethische“ Jobs gibt, das ist nicht unser Problem (ist es notwendig klarzustellen, dass Polizist, Politiker, Gewerkschafter/Syndikalist zu sein, keine „Jobs“ sind?), sondern unsere Geschichte, unsere Leidenschaften, unsere anarchischen Positionen zu einem vom Staat vermittelten Produkt zu machen.

Hier kommen wir auf diesen Kontext zurück, denn von Osvaldo Bayer und Martin Caparros bis zu Anibal D’auria und dem CEDINCI finden wir Vertreter des Staates und des Kapitals, die anarchistische Ideen zu Studien- und Konsumobjekten machen, das heißt, sie benutzen die Erfahrungen von Gefährt*innen, die ihr Leben für den sozialen Krieg gaben und geben, um dieselben Institutionen zu argumentieren, die sie ermordet haben.

Das erste ist die fehlende Kritik der „rebellischen“ Intellektuellen an den Institutionen unserer Feinde, oder jedenfalls die reformistische und linke Kritik, die sich nur in Formveränderungen, aber niemals in der radikalen Zerstörung des Kapitals und seiner Institutionen äußert. Und zweitens das extrem laue, universitäre, staatsbürgerliche Prisma, mit dem die Intellektuellen ihre Diskurse um die Anarchie aufbauen, was uns nicht überrascht, was uns aber Unbehagen bereitet, wenn wir daran denken, dass solche Diskurse von einigen Gefährt*innen, die diesen Vertretern die Hand schütteln, akzeptiert werden.

Wir können nicht auf die demokratischen Diskurse hereinfallen, die von Vielfalt (A.d.Ü., Diversität) sprechen, wenn die Vielfalt den Staat einschließt, es scheint uns klar zu sein, dass die Verharmlosung des Anarchismus durch die Akademie statt der Bedürfnisse des Aufstandes Diskurse reproduziert, die uns auf „kulturelle Bewegungen“, auf bloße Versuche von Arbeitsreformen oder legalistische Kämpfe reduzieren, und auf das Bild der angeblichen Märtyrer*innen, die „ihr Leben für das Volk geben“, es genügt, die Gefährt*innen zu lesen, um zu verstehen, dass dies nie der Fall war und sich umzusehen, um zu sehen, dass es so viele andere gibt, die außerhalb und in Opposition zu jeder Institution Reflexionen, Debatten, Aktivitäten, Publikationen und Propaganda jeglicher Art aufbauen.

Aber jetzt wiederholen wir uns noch einmal, warum gibt es dann Gefährt*innen, die diesen Institutionen und ihren Vertretern die Hand schütteln? Und zum Teil ist es notwendig, die Verantwortung für die leeren Räume zu übernehmen, für den Platz, den wir diesen linken Vorschlägen in unseren Reihen lassen, d.h. die fehlende Forschungsproduktion aus unseren Vorschlägen und Praktiken, die geringe redaktionelle Produktion in den letzten Jahren und die geringe akademische Kritik (zumindest nach außen hin), die wir ausüben, das bedeutet nicht, sich auf Machtspiele einzulassen, die uns nicht interessieren, sondern zu verstehen, dass die Räume, die wir nicht besetzen, von denen genutzt werden, die von ihren bequemen Plätzen aus, von ihren ökonomischen Mitteln und ihren Privilegien strenggläubig beschließen, unsere Geschichte für intellektuelles Prestige und Staatsbesitz zu nutzen.

Wir müssen uns vor Augen halten, dass dies unsere historische Zeit ist, dass wir nach dem Sturz der sozialistischen Diktaturen und nachdem wir im Laufe der Jahre die Konsequenzen unserer Vorschläge aufgezeigt haben, eine echte Gefahr für den Staat und das Kapital sein können, lassen wir unser Potenzial nicht in die Hände der Rekuperatoren fallen, lassen wir nicht zu, dass unsere Leidenschaften unter dem Prisma derjenigen konditioniert werden, die die Geschichte von ihrem Schreibtisch aus sehen, dass unsere Barrikaden auch mit den Ideen brennen, die keine Position beziehen, die an einem Tag Messen in der Nationalbibliothek und am nächsten Tag eine anarchistische Buchmesse abhalten, wir müssen unsere Realität, unsere Praktiken betonen und die Anarchie in all ihren Formen verteidigen.

Einer unserer historischen Vorschläge ist die Konsequenz zwischen Zielen und Mitteln. Die libertäre Pädagogik hat sich immer in Opposition zur staatlichen Bildung gestellt und weder deren Bedingungen noch deren Klassifizierung akzeptiert. Genauso wie Hunderte von Gefährt*innen angesichts des Mangels an Mitteln für die Produktion von Propaganda beschlossen, dem Kapital die Mittel zu deren Durchführung zu enteignen. Und heute funktionieren die Dutzende von Verlagen und anarchistischen Projekten im Südkegel ohne andere Mittel als die der Leute, die sie zusammenstellen, und der Bewegung, die an ihrer Produktion interessiert ist. Damit wollen wir sagen, dass unser Anliegen nicht einfach eine personalistische oder ideologische Beschwerde über anarchistische symbolische Bedeutungen ist, sondern die notwendige Trennung zwischen denen, die an der Anarchie teilnehmen und für sie kämpfen, egal welcher Tendenz (A.d.Ü., Strömung) sie angehören, von denen, die wirklich Kritik an der herrschenden Ordnung üben, und denen, die sich hinter akademischem Geschwafel verstecken, um keine Position zu beziehen, von denen, die anonym bleiben und ihre Worte in die Tat umsetzen, und denen, die sich als intellektuelle Vertreter von Projekten aufspielen, an denen sie kein Interesse haben.

Und sie werden uns sagen: Wir Akademiker*innen können also nicht über Anarchie sprechen? Das ist nicht unser Problem, und es wäre heuchlerisch, dass sie es jetzt fragen, für uns werden die Institutionen des Staates niemals in der Lage sein, die Freiheit herbeizuführen, für uns liegt die Kraft unserer Ideen nicht in den von unserem Feind vorgegebenen Becken, sondern in den Praktiken, die ihn konfrontieren, die seine Zerstörung ohne jedes Verschweigen fordern, für uns liegt die Anarchie nicht in den Mitteln, mit denen wir das Elend des Kapitals überleben können, weil der Antrieb zum Leben nicht in der Arbeit liegt, sondern in den Momenten, in denen wir unser Bestes tun, um uns gegen die Autorität zu verschwören, deshalb akzeptieren wir ihre Rechtfertigungen nicht, nicht wegen des Versuchs eines Märtyrers, so zu tun, als ob die Propaganda aus dem Leiden entspringt, sondern weil wir in Frage stellen, dass ihre Orte der Privilegien nur Sinne hervorbringen, die jeder Idee von Freiheit und revolutionärem Vorschlag antagonistisch sind.

Expandiendo la Revuelta, Dezember 2020.

1A.d.Ü., hier zu lesen.